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Writer's pictureToni Herms

Wieviel braucht man, um glücklich zu sein? Minimalismus als Lebenseinstellung




Einfache Frage, die Antwort darauf allerdings fällt vielen Menschen unheimlich schwer. Warum? Vielleicht, weil viele von uns glaubten, dass vor allem materielle Güter glücklich machen. Und das soll jetzt nicht mehr stimmen? Weniger soll tatsächlich mehr sein? Um eine ehrliche Antwort darauf zu finden, musst Du ehrlich zu Dir selbst sein. Und der Schlüssel dafür liegt bei Dir. Was brauchst Du wirklich von den Dingen, die Du besitzt? Bist Du glücklich im Job oder würdest gerne lieber eine Uni besuchen? Wie zufrieden bist Du mit Deinem Leben? Schnell wirst Du merken, wie viele Dinge nur scheinbar Glück verheißen. Streiche alles aus Deinem Leben, das dich nicht glücklich macht. Das beschreibt den Kern der minimalistischen Lebenseinstellung. Doch dahinter steckt wesentlich mehr.


Minimalismus betrifft nicht nur die Reduzierung materieller Güter, sondern alle Bereiche in unserem Leben. Im Wesentlichen geht es im minimalistischen Lebensstil stark um Selbstreflexion und die Wertschätzung unserer Ressourcen. In diesem Kontext wird häufig auch von Nachhaltigkeit gesprochen. Beide Begriffe sind voneinander zu trennen, bedingen sich aber gegenseitig. Dazu später mehr. Zunächst einmal zum Grundlegenden: 


Was ist Minimalismus?


Eine präzise Definition ist tatsächlich gar nicht so einfach. Minimalismus definiert jeder für sich anders. Minimalismus ist ein Lebensstil, eine Haltung. Die meisten Minimalisten verbindet eine gemeinsame Lebenseinstellung, sie suchen ihr Glück nicht in materiellen Dingen, sie leben ein selbstbestimmtes Leben. Minimalisten suchen dabei nach einer Alternative zur konsumorientierten Überflussgesellschaft, wollen aus Alltagszwängen ausbrechen und ein erfüllteres Leben führen. Dafür muss man loslassen können, sich befreien von materiellem und geistigem Ballast. Es ist die Basis für die Erkenntnis, dass Glück nichts mit Besitz zu tun, sondern von Innen kommt. Verzicht, um die wahren Werte zu entdecken. Freiheit, die aus Entsagen wächst. Eine neue Sicht auf Dein eigenes selbst, die Dir zeigt, was wirklich wichtig ist im Leben. 



Wie werde ich Minimalist?

 

Minimalist wird man nicht von einem Tag auf den anderen. Nicht über Nacht. Es ist ein Prozess. Einer in vielen kleinen Schritten. Einer, der mit einer Frage beginnt, die Du Dir selbst ehrlich beantworten musst. Wie glücklich bist Du? Privat, im Job, mit Dir selbst? Die Antwort darauf wird vielleicht die wichtigste Entscheidung Deines Lebens. Vielleicht entdeckst auch Du, was die meisten Minimalisten zu sich erkannt haben: Dinge machen uns nicht glücklich. Kein materielles Gut ist ein Garant für Glück. Diese Erkenntnis wird alles verändern. Sie wird Dich verändern. 


Dazu gehört,  Dein komplettes Leben einmal zu entrümpeln. Dich von allen Dingen zu trennen, die Dich belasten. Das verlangt Mut, Willen, Entschlossenheit. Du musst verinnerlichen, dass Du anders leben willst, andere Werte als bisher für Dich wichtig werden. Aber fang klein an. Und bereite Dich auf diesen Prozess bewusst mental, aber auch physisch vor.

 

Hilfreich auf diesem Weg ist es, zuerst Ordnung in seinem privaten Lebensbereich zu schaffen. Verschiedene Methoden und Ansätze zeigen Dir, wie es geht. Als Beispiel möchten wir hier nur Methode nennen, die sich vielfach bewährt hat, die sogenannte KonMari-Methode ("Magic Cleaning"). Dabei wird jeder Schrank, jede Schublade - die gesamte Wohnung -  einzeln komplett ausgeräumt und jedes Teil wird individuell “geprüft”. Bei allem, was Du dann in Händen hältst oder Dir genau anschaust, lässt Du Dich von einer Frage leiten:  Was macht Dich glücklich und was nicht. Dinge, die Dich erfüllen und glücklich machen, kommen an ihren Platz zurück. Gegenstände, die in Dir nicht dieses Gefühl hervorrufen, werden ausgemistet. Probier es aus. Schaffe Dir den Raum für ein neues, ein anderes Leben.

 

Aber wieviel Verzicht ist nötig? Was darf ein Minimalist besitzen?

 

Eine Antwort, die für alle gilt, gibt es nicht. Wie viele Sachen Dich selber glücklich machen, kann Dir keine Zahl vorgeben, sondern nur Dein inneres Gefühl. Deshalb solltest Du Dich an keinem Maßstab orientieren, sondern auf Dein inneres Gefühl. Darum geht es bei einer minimalistischen Lebenseinstellung schließlich.



Warum Ausmisten so gut tut - Minimalismus als Lebensphilosophie

 

Verzicht muss man sich leisten können. Aber heißt das im Umkehrschluss, dass nur eine elitäre Gruppe von Menschen minimalistisch leben kann? Nein, sicher nicht. Und es geht dabei nicht nur um den neuen Pullover, den man noch nie getragen hat, das gerahmte Foto, das hinter dem Schrank verstaubt. Minimalismus hat nicht ausschließlich etwas mit Konsum zu tun. Viele Anhänger einer minimalistischen Lebensweise beschäftigen sich zwar hauptsächlich mit dem Verzicht auf materielle Gegenstände. Minimalismus findet sich auch im normalen Tagesablauf. Es geht darum, Dinge in unserem Alltag zu streichen, die uns nicht erfüllen. Eine Verabredung mit einer Bekannten, auf die man keine Lust hat? Absagen. Ein Anruf einer unbekannten Nummer? Ignorieren. Du kannst in vielen Bereichen des Lebens minimalistisch werden. 

 

Der Kerngedanke des Minimalismus ist, dass das Aufräumen und Ausmisten unseres Lebens die Seele von unnötigem Ballast befreit.

Minimalistisch lebende Menschen erlangen seelische Freiheit und inneren Frieden dadurch, dass sie alles, was ihnen Sorgen bereiten könnte, aus ihrem Leben verbannen und sich auf das zu fokussieren, was im Leben wirklich wichtig ist. Der einfache und wichtigste Grundsatz: Streiche alles, was dich nicht glücklich macht!


Minimalismus gleich Nachhaltigkeit?

 

Beides bedingt sich gegenseitig, ist aber nicht gleichzusetzen. Minimalistisch zu leben ist nachhaltiger, Nachhaltigkeit ist durch Minimalismus einfacher umzusetzen. An beider Anfang steht der Gedanke über den eigenen Konsum. Lohnt sich diese Anschaffung, brauche ich es wirklich?

Natürlich muss jeder für sich entscheiden, wie wichtig ihm Nachhaltigkeit und/oder Minimalismus sind. Und man muss auch nicht von heute auf morgen seinen kompletten Lebensstil ändern. Aber sich selbst und die eigenen Entscheidungen öfter mal hinterfragen ist ein erster echter Schritt,  um sich mehr mit den Themen Minimalismus und Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen.


Woher kommt Minimalismus?


Den genauen Anfang des Minimalismus gibt es nicht. Doch die ersten minimalistischen Tendenzen reichen sehr weit zurück. Bedeutet konkret: Bis in die Antike.  Schon vor vielen Jahrhunderten zogen sich Gläubige ins Kloster zurück und übten sich in Verzicht und Enthaltsamkeit.


Der Philosoph Diogenes von Sinope etwa war der Meinung, dass nur der wirklich glücklich sein kann, der sich von überflüssigen Bedürfnissen und äußeren Zwängen befreit. Er führte freiwillig ein Leben in Armut und Selbstgenügsamkeit:  "Es ist göttlich, nichts zu bedürfen, und gottähnlich, nur wenig nötig zu haben."

 

Das ist natürlich alles sehr lange her und etwas abstrakt. Widmen wir uns daher den modernen Vorreitern des Minimalismus. Da sind im Wesentlichen zwei Namen zu nennen: Zum einen der US-amerikanische Konsumkritiker David Michael Bruno. Er startete im November 2008 die "100 Thing Challenge" – ein Projekt mit dem Ziel, seinen persönlichen Besitz auf weniger als 100 Dinge zu reduzieren. Über seine Erfahrungen berichtete er auf seinem Blog und in einem Buch.


Ein weiterer Name, den man im minimalistischen Kontext kennen sollte, ist Kelly Sutton. Der Programmierer begann im Jahr 2009, fast seinen gesamten Besitz über eine eigene Website zu verkaufen und begründete damit den "Cult of Less". Das Internet spielt für die Neo-Minimalisten generell eine große Rolle. Sie nutzen es zum Erfahrungsaustausch und als Plattform für das Teilen und Co-Konsumieren von Produkten. Viele schaffen ihre Bücher, CDs und Videos ab und nutzen stattdessen digitale Angebote wie eBooks oder Streamingdienste. 

Deshalb gehören Laptop, Tablet oder Smartphone zu den wenigen Dingen, von denen sich viele Minimalisten nie trennen würden – und für die sie verhältnismäßig viel Geld ausgeben. Aber auch hier gilt: Entscheide selbst. Man kann auch offline glücklich werden...


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